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Change Kommunikation ist doch nur Propaganda

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Im Change Management bewegt sich in letzter Zeit einiges. Deutsche Thought Leader wie Harald Schirmer (hier ein sehr lesenswerter Beitrag) versuchen, Stück für Stück aus dem engen Korsett klassischer Change Prozesse auszubrechen. Und unsere Change und Adoption Kommunikation? Macht immer noch Reklame.

Kurz ein Blick darauf, welche Tools und Methoden wir (ja, wir leider auch immer wieder mal) in der Change Kommunikation einsetzen.

  1. Das Schützenfest: Wir suchen uns irgendwann im Prozess einige ausgewählte (Pilot-, Fokus-, Sind-gerade-in-der-Nähe-) Gruppen, informieren sie früher und lassen sie spielen. Die Hoffnung ist, dass es genügt. hier und da in die Organisation zu schießen, um die Menge in Aufregung zu versetzen.
  2. Der Höhenwanderweg: Executive Communication ist der Gral aller Kommunikationsanforderungen an uns. Die Management Seilschaften müssen informiert sein, überzeugt werden. Als erstes. Dann kommt die Lawine schon ins Rollen.
  3. Die Gießkanne: Alle anderen bekommen eine Kampagne, manchmal state-of-the-art, aber immer die volle Ladung bunter Botschaften und Ziele auf Postern, Bannern und in kleinen Heftchen. Kernaussage: Blühende Landschaften voraus.

Vieles davon hat seine Berechtigung und eine gewisse Logik. Ich brauche Sparringspartner, Sponsoren und Aufmerksamkeit. Aber im eigentlichen Sinne überzeugend ist es eben nicht. Gerade die Gießkanne wird von den Mitarbeitern zusehends ausgeblendet wie Online Werbung im Web. Die Kollegen haben doch längst einen Adblocker im Kopf. Persönlich (zunächst) Irrelevantes wie allgemeine Unternehmensziele (höher, schneller, besser) wird ausgeblendet. Und doch argumentieren wir meistens ex-cathedra, überzeugt von der Richtigkeit und Alternativlosigkeit unserer Mission. Wir kommunizieren allein aus unserer Perspektive, als Überzeugte und Besserwisser, kurz: wir betreiben Propaganda.

Relevanz statt Arroganz

Dabei sollten wir es wirklich besser wissen. Tragen wir doch das Credo des „What’s in for me“ bei der Entwicklung unserer Technologien wie eine Monstranz vor uns her. Nur was relevant ist, wird angenommen und genutzt. In unserer Kommunikation jedoch beantworten wir meistens nur die Frage „Whats in for the company“. Und genau hier muss die Evolution der Kommunikation ansetzen. Und genau hier können wir vom Bösen, lernen, vom Marketing. genauer gesagt: vom Content Marketing.

Content Marketing (Definition hier) stellt im Gegensatz zur Werbung "nicht die positive Darstellung des eigenen Unternehmens mit seinen Produkten in den Mittelpunkt, sondern bieten nützliche Informationen, weiterbringendes Wissen oder Unterhaltung.“ Es ist eine Reaktion auf die Erfahrung, dass die Conversion-Quoten klassischer Reklame im Keller sind - was meines Erachtens eben auch für (weitestgehend) geschlossene Systeme wie Unternehmen gilt. Die Adoption Quoten sind deshalb ebenfalls zusehends im Keller. Das geht alles viel zu langsam und statt über die Zukunft des Unternehmens nachdenken zu können, streiten wir allzu oft noch über die Sinnhaftigkeit von Features.

Vom Marketing lernen

Content Marketing ist mehr als „Werbung“ durch nützliche oder unterhaltende Inhalte zu ersetzen. (Obwohl es schon wichtig genug ist, nicht nur Schweinebauch-Reklame zu machen sondern Inhalte zu publizierten, die wirklich nützlich und brauchbar sind.) Content Marketing besteht mittlerweile aus einem ganzen Werkzeugkasten von sich ergänzenden, effektiven Techniken, die das Interesse des Unternehmens und die Bedürfnisse seiner Kunden miteinander in Einklang bringen, um auf diese Weise die unternehmerische Ziele möglichst effizient zu erreichen. Sehen wir uns einmal zwei davon an:

  1. Die Personas: Eine Persona im Content-Marketing ist mehr als eine Funktionsbeschreibung nach Einkommenshöhe. Wichtig ist nicht nur die Rolle als homo oeconomicus sondern das persönliche Umfeld, das Set an Werten, Emotionen und persönliche Zielen, die einen Menschen antreiben. Für eine Content-Marketing Persona erstellen wir z.B. immer ein limbisches Profil. Ist er oder sie eher dominant, ausbalanciert oder neugierig? Nur wenn wir dieses Profil kennen, werden wir den richtigen Ton treffen und die richtigen Inhalte wählen. Und zwar nicht zufällig. produkt- oder missionsorientiert, sondern als begründete Entscheidung in guten Modellen (wie z.B. Mirko Langes Content Radar).
  2. Der Funnel: Die Entscheidung bis zur Nutzung eines Produktes besteht aus vielen Einzelschritten. Das einfachste Modell ist AIDA - Attention, Interest, Desire, Action. In jeder dieser Phasen gilt es, die richtigen Inhalte anzubieten. Aufsehenerregendes, Hintergründiges, Faszinierendes, Nutzbares. Menschen entscheiden nicht auf jetzt auf gleich. Es gilt, sie den ganzen Weg zu begleiten.

Diese und viele andere Elemente binden werden in einer professionellen Content Strategie zusammen gebunden (bei Kammann Rossi heißt das Content Action Framework), die jeden einzelnen aus der „Ziel-"Gruppe ernst nimmt und bis zum Kauf - der Adoption - führt.

Und genau das gilt es auch für die Change und Adoption Kommunikation zu tun.

WinWin statt BlingBling

Und jetzt bitte nicht gleich weinen und schimpfen, nach dem Motto: „Aber Marketing ist böse, kapitalistisch und flutet die Welt mit Dingen, die wir nicht brauchen.“ Mag für manche Produkte gelten, aber doch nicht für unsere arbeits- und lebensverändernden New Work-Konzepte und Technologien. Und letztlich ist (Content-)Marketing einfach nur eine Grundfunktion, um unternehmerische Ziele und individuelle Bedürfnisse so aufeinander abzustimmen, dass eine Win-Win Situation entsteht - was genau der Aufgabe korporativer Change Kommunikation entspricht. Vom Marketing zu lernen heißt besser zu werden. Wir müssen die Chance Kommunikation nun endlich in dieses Jahrzehnt holen. Sie muss besser werden, effizienter und zugleich menschlicher. Übertragen auf die oben genannten Techniken heißt das zum Beispiel:

  1. Change Kommunikation braucht echte Personas: Wir dürfen die Unternehmens-Population nicht nur nach Hierarchie und Funktion clustern, sondern wir müssen Lebensrealitäten, Emotionen und Ziele unserer Mitarbeiter herausarbeiten, um ihre echten Bedürfnisse kennenzulernen und ihnen zu zeigen, was besser werden kann. Mit individuellen Inhalten, die mehr sind als kommunistische 5-Jahres-Pläne, Chef-Postulate und Weltverbesserung-Botschaften. Wie genau wird die Welt für alleinerziehende Ingenieure mittleren Einkommens und einem Hang zum Faktischen, qualitätsvollen besser? Durch welche Features oder Arbeitsweisen kann er Beruf und Job jetzt besser ausbalancieren.
  2. Change Kommunikation braucht Phasen: Wir können das System anschalten, nicht aber die Menschen darin. Stellen wir uns darauf ein, dass wir sie begleiten müssen, über einen längeren Zeitraum, bevor sie produktiv werden können. Wir müssen Menschen Schritt für Schritt heranführen und überzeugen. Das ist aufwändig, aber nötig - und beginnt eigentlich erst dann richtig, wenn wir sie im System haben. Ich kenne zu Genüge Systeme mit allen Mitarbeitern drin aber ohne ausreichende Beteiligung. Eine gute Funnelplanung hat hingegen in jedem Schritt Aktion zum Ziel: Melde dich an > Teste die Funktionen > Werde Mitglied einer Community > Lade andere ein > … Und sie bietet für jeden Schritt genau die richtigen Inhalte. Witziges für die Neugierigen, Excels für die Dominanten, Call-to-actions für alle ...

All das gilt es zu verzahnen und zu planen und in eine professionelle Content Strategie einbauen. Wie ein Marketer gilt es, Schritte vorauszudenken, Materialien vorzuproduzieren, auf dem Weg wieder zu lernen und taktisch zu optimieren.

Fazit: Es steht Marketing drin, ich weiß. Das wirkt vielleicht kalkuliert, kalt, verkäuferisch, gewinnorientiert. Aber denkt daran: die Welt besteht nicht nur aus Überzeugungstätern, also Euch. Wenn ihr erfolgreich sein wollt genügt es nicht, die gute Botschaft zu verkünden. Eine solche Haltung ist arrogant und teilt die Welt in Gut und Böse ein. Wer’s nicht glaubt gehört nicht zu uns. Nein, es gibt andere Ziele und Bedürfnisse. Nehmt diese ernst, geht darauf ein und nutzt sie als Katalysatoren für Eure Ziele. Win Win ist nichts Verwerfliches. Genauso wenig wie Erfolg.