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Digitale Transformation. Von Vertrauen, Verständnis, Vernetzung und Verwegenheit.

Seit meiner ersten selbstgebauten Website aus dem Jahr 1994 durfte ich die eine oder andere Erfahrung mit Projekten zur Digitalen Transformation sammeln. Mit meinem ersten Intranet 1999, einem Online Geschäftsbericht schon 2001, meinem ersten selbstprogrammierten Content Management System 2002 und der ersten Darksite für die Krisenkommunikation im Rahmen eines „unfriendly takeover“ im Jahre 2004. Seit 2007 darf ich Digitale Transformationsprozesse mit Kuhn, Kammann & Kuhn gestalten. Wir haben Intranets zu Social Intranets gemacht (am Anfang haben wir’s noch „Intranet der Köpfe“ genannt), Print-Magazine zu Apps und gedruckte Sustainability zu reinen Online-Reports umgestaltet. Wir hatten ein eigenes Microblogging-System und haben das Social Magazine. Fast 30 Prozent unserer Kunden arbeiten mittlerweile auf digitalen Multichannel Publishing-Plattformen, die eine oder andere Social Media Strategie haben wir entwickelt und stellen unser eigenesMarketing auf Content-Marketing um. Wir machen immer noch Holzmedien, produzieren sie digital aber bringen sie liebend gern online.

Warum ich das aufzähle? Weil unsere eigenen Erfahrungen und unsere Kundenprojekte mittlerweile die ganze Bandbreite der Digitalen Transformation der Kommunikation umfassen. Und weil ich mir deshalb die Freiheit genommen habe, das folgende Video zu drehen.

 

 

Es kann schon sein, dass ich es als Magister der Literaturwissenschaft hin und wieder mit dem Übertragenen und Metaphorischen etwas übertreibe. Aber ich mag aussergewöhnliche Selbstversuche – bin sozusagen der Jenke (naja, vielleicht eher: der Checker Can) der Unternehmenskommunikation – und möchte Eure Aufmerksamkeit auf vier Voraussetzungen lenken, die sich in den letzten 20 Jahren als besonders wichtig für Projekte der Digitalen Transformation erwiesen haben. Diese Voraussetzungen sind – wie das mit dem echten Leben so ist – weder kanonisch noch buzzfeed-fähig und mir in dieser Kombination zuvor noch nicht als Liste begegnet. Aber sie sind (wurden) eben von mir so erfahren.

Vertrauen statt Kontrolle

Projekte zur Digitalen Transformation sind zuallererst einmal Veränderungsprojekte – und deshalb von Vertrauen besonders abhängig. Als Zukunftsprojekt haben Wandel und Veränderung aber immer blinde Flecke und können deshalb nur auf Basis von Vertrauen – an Stelle von Wissen – funktionieren. Leider ist Vertrauen genau das, was den meisten Organisationen mit denen ich arbeite(n durfte) ganz besonders fehlt. Die strategische Aufladung der Unternehmenskommunikation der letzten 2 Jahrzehnte hat zu einem One&Voice&Command&Control&Top&Down Ansatz geführt, der Mißtrauen als wichtigstes Handlungsprinzip von professioneller Kommunikation etabliert hat. Alles und jeder wird kontrolliert, einmal, zweimal, dreimal, nichts dem Zufall überlassen. Bis ins letzte Detail wird geplant, gemicromanaged, geprüft und gemessen. Vielleicht sind wir deshalb auch mittlerweile alle Kommunikationsmanager, Menschen also, die Kommunikation nicht können sondern vielmehr planen und kontrollieren. Kontrolle aber ist so ziemlich das Gegenteil dessen, was solche Projekte auszeichnet. Der intendierte Wandel selber hat eine erstaunliche, nicht immer kontrollierbare Eigendynamik. Und der Wandel, den Digitale Transformation heute meint, zielt doch selber auf die bewusste Herstellung nicht kontrollierbarer Situationen her: digital meint heute fast immer auch sozial, kreativ, dialogorientiert, katalytisch. Wir wollen Kräfte freisetzen, die wir noch nicht kennen, um mehr zu erreichen als wir bisher leisten. Dieses Risiko erfolgreich eingehen kann nur eine Vertrauensorganisation, die agil ist, selbstbewusst und offen.

Verständnis und Empathie

Damit wären wir beim Verständnis, das Voraussetzung ist für Vertrauen. Die „Gute Transformation“ braucht Verständnis für Kontext und Mittel. Ich muss wissen, wie meine Organisation tickt, um die richtigen Knöpfe zu drücken. Dazu brauche ich den Blick von oben, von aussen, aber ich muss auch sensibel sein, um die richtige Geschwindigkeit zu wählen, empathisch, um den richtigen Ton zu treffen, und Überblick haben, um Trend von Hype zu unterscheiden. Und um die richtigen Mittel (sprich: Technologien) zu wählen, brauche ich auch ein gutes Verständnis für deren Funktionsweise. Ich treffe heutzutage eine Menge kluger Digital-Strategen, die in ihrem Leben noch keinen Tweet abgesetzt, keine Adwords-Kampagne geschaltet, keinen Blogpost geschrieben und vermarktet haben. Deshalb empfehle ich zum Start eines Transformationsprojektes so gerne „Bootcamps“, sprich die erzwungene, zeitlich begrenzte Nutzung von Technologie durch Entscheider. Verständnis braucht Praxis.

Ohne Vernetzung kein Wandel

Das Thema Vernetzung müsste, sollte ein No-Brainer sein. Eine Transformation braucht selbstverständlich Netzwerke, weil eine isolierte, singuläre Veränderung keine Breitenwirkung entfalten kann. Gerade in der Unternehmenskommunikation sind diese Netzwerke aber häufig eher schwach ausgeprägt. Während des steilen Wegs an die Spitze, zum Gipfel der Macht, zur Stabsabteilung mit exklusivem Zugang zum CEO, haben viele Abteilungen die Bodenhaftung, der Verankerung im Unternehmen verloren. Eine Etage unter dem Vorstand scheint der Weg die Treppe runter, zum Mitarbeiter, zur Fachabteilung, ins Land, zur Realität häufig unangemessen weit. So entstehen Social Intranet Konzept auf Basis von drei Fokusgruppen-Interviews, Magazine für Zielgruppen statt Kollegen und Social Media Dialog-Kampagnen für ohnehin schon überforderte Vertriebsleute mit 60-Stunden- Wochen. Ein Kommunikator braucht feine Antennen und viele Freunde, um seine Ideen durchsetzen zu können. Oder wenigstens Guides und Botschafter.

Verwegenheit ist Mut + Pioniergeist

Und dann ist da noch die Verwegenheit. Gut, man hätte es auch einfach Mut nennen können. Aber da fehlt mir das Pionierhafte. Denn die Digitale Transformation ist die größte Herausforderung unserer Branche, der Sprung ins Unbekannte, egal ob wir es Social Media, Enterprise 2.0, Social Business oder Industrie 4.0 nennen. Sie stellt unsere Regeln auf den Kopf, den bisherigen Umgang miteinander in Frage, fordert unsere Überzeugungen heraus. Wir brauchen neue Antworten auf alte Fragen: Was bedeutet Führung? Wie entsteht Wissen? Wieviel Transparenz brauchen wir? Was ist privat? Wer braucht Herrschaftswissen? Die neuen Antworten, von denen zur Zeit alle reden – Moderation! Gemeinsam! Viel! Nichts! Niemand! - sind bisher doch eigentlich nur Vermutungen. Und doch sollen wir auf Basis dieser Vermutungen unsere Organisationen auf den Kopf stellen. Uns ist ein El Dorado versprochen, aber den Weg dorthin kennt noch niemand wirklich. Nur die grobe Richtung. Wer sie einschlagen will braucht Mut aber eben auch Pioniergeist. Da sind Entscheidungen ohne Benchmark zu treffen und noch existiert nicht für jeden Schritt ein Blueprint, Best Practice oder Template. Man sagt uns „Springt“ und wir wissen weder wie tief noch wie hoch. Da braucht’s den Kolumbus in uns.

Vertrauen. Verständnis. Vernetzung. Verwegenheit.

Vier Verdammt Vichtige Voraussetzungen.

;)