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Positive Kommunikation: Wie ich den Sinn meiner Arbeit fand - und einen Namen dafür.

Ich bin schon seit einiger Zeit auf der Suche nach dem Sinn. Dem Sinn meiner Arbeit, um genau zu sein. Als Chef einer Kommunikationsagentur stellt man sich diese Frage im fünften Lebensjahrzehnt und angesichts der dunkel heraufziehenden Wolken der persönlichen Midlife Crisis ja gerne.

Sinn heisst dabei nicht unbedingt Ethos. Es hat mir nie etwas ausgemacht, als "hired gun" zu arbeiten. Ich bin gerne Dienstleister und ich habe meinen Stolz und mein persönliches Vergnügen lange allein aus der handwerklichen Qualität meiner Arbeit und dem Erfolg meiner Kunden bezogen. Der Reiz besteht ja zu einem nicht unerheblichen Teil aus den stetig wechselnden Projekten. Die Existenz als Kommunikations-Landsknecht war und ist aufregend und - man verzeihe mir das von Coaches völlig diskreditierte Wort - ziemlich spannend.

Am grundlegenden Setup will ich deshalb eigentlich nichts ändern. Aber ich möchte meiner und unserer Arbeit gerne etwas hinzufügen, was das Tagesgeschäft von alleine nicht hergibt: einen roten Faden. Ein Ziel, das Projekte verbindet, das mich und meine Mitarbeiter leitet, antreibt und stolz macht, über das Professionelle hinaus.

Also habe ich mich schon vor einiger Zeit in unserem Umfeld auf die Suche gemacht. Unser Umfeld, das ist die Unternehmenskommunikation im engeren Sinne. Corporate Publishing, Reporting und Veränderungskommunikation. Unser Umfeld, das sind zusehends aber auch Social Media und die Idee des Social Business. Kommunikation wird mehr und mehr zum wertschöpfenden Faktor und transformiert nicht nur unsere Branche sondern auch unsere Kunden. Wir haben uns dieser Entwicklung recht früh geöffnet und arbeiten gemeinsam mit anderen an der Vision der "Enterprise 2.0". Wir helfen also Unternehmen dabei, sich zu etwas Neuem, vielleicht sogar Besseren zu transformieren. Denn in der Enterprise 2.0 steht der Mensch eher im Fokus als der Prozess. Durch Vernetzung, durch Transparenz und persönliche wie organisatorische Agilität gibt ein Social Business allen Beteiligten - den Mitarbeitern, Kunden, Anteilseignern, sogar den Kritikern - mehr Gelegenheit zur Teilhabe. Teilhabe ist ein erstrebenswertes Ziel, eines das motivieren kann. Und es ist etwas, auf das ich ohne Probleme mich und meine Mitstreiter einschwören und unsere Produkte hin designen kann (und will). Teilhabe zu ermöglichen ist ein ziemlich guter roter Faden,denn Teilhabe "macht" Sinn.

Mission accomplished?

Nicht ganz. Denn das Kind - ich komme nun mal aus der Kommunikation - braucht einen guten Namen, das Äquivalent eines Banners unter dem man sich versammeln kann. Konzeptionell und semantisch gesehen war dafür aber keiner der bisher verwendeten Begriffe das Gelbe vom Ei. Denn keiner meiner Kunden würde eine "Agentur für Teilhabe" buchen. Das klingt nach Stuhlkreis und abgebrochenem Soziologiestudium. "Agentur für Enterprise 2.0" bedient in der Aussenwirkung ein sehr enges semantisches Feld für technikverliebte Nerds. Und "Agentur für Social Business" ist einerseits mehrdeutig (bezeichnet eben auch "gemeinnützige" Unternehmen) und andererseits wird der Begriff zusehends vom Marketing und CRM auf die reine Umsatzperspektive reduziert. Die Richtung stimmt also, aber ich brauche etwas besseres, ein semantisch weniger problembehaftetes Äquivalent:

 

bhutan-w1 Bhutan errechnet das GNH

Durch eine erweiterte Recherche im Umfeld der Enterprise 2.0 landete ich dann zunächst bei den sogenannten "Happiness Economics". Die "Glücksökonomie" untersucht im Gegensatz zur klassischen oder neoklassischen Ökonomie nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Staaten, also keine herkömmlichen Metriken wie Wohlstand, gemessen an BSP oder BIP, sondern die Fähigkeit von Nationen, ihre Bürger glücklich zu machen - mit Hilfe von Metriken wie Lebensqualität und Zufriedenheit. Bhutan berechnet zum Beispiel sein Gross National Happiness.

An dieser Stelle meiner Suche klingelte etwas. Denn ein ganz wesentliches Ziel der Enterprise 2.0 ist die Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit. Nicht als Selbstzweck sondern als Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. (Der kausale Zusammenhang zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und wirtschaftlichem Erfolg ist mittlerweile unbestritten. Das weiss Vineet Nayar und das weiß auch die Forschung. )

Heureka? Könnte es also unser Ziel sein, Mitarbeiter glücklich zu machen? Wie wäre es mit Happy Communications? Oder Communications for a Happy Enterprise?

Möööp.

Glück ist als Begriff emotional zwar ansprechend - und würde ich als Agentur nur für Agenturen arbeiten, würde ich mich eventuell trauen, uns als "Agentur für Glückskommunikation" zu verkaufen. Wir arbeiten allerdings für große, internationale Dienstleistungs- und Industriekonzerne. Und ich bin sicher, dort ist der Begriff "Glück" (noch) nicht wirklich anschlussfähig.

Itay Talgam weiss das übrigens auch:

Itay Talgam: Lead like the great conductors

Also wieder ein Flop. Deshalb auf in die nächste (und soviel sei schon verraten) letzte Runde. Diesmal auf der Suche nach einem Ersatzbegriff für Happiness, für's Glück. Die Ökonomie des Glücks führte mich irgendwann zur Psychologie. Denn als ich mir die Frage stellte, was einen glücklichen Mitarbeiter nun ausmacht bzw. was einen Mitarbeiter glücklich macht, stieß ich - links ab nach Maslow - auf einen jungen Zweig der Psychologie, der sich wie folgt definiert:

"We believe that a psychology of positive human functioning will arise, which achieves a scientific understanding and effective interventions to build thriving individuals, families, and communities."

Happiness 101 with Thal Ben-Shahar

Die Rede ist von der sogenannten "Positiven Psychologie". Positive Psychologie sucht - im Gegensatz zur klassischen "krisenorientierten" Psychologie - nach den Grundlagen der und den Möglichkeiten zur Förderung der positiven, kreativen und emotional erfüllenden Aspekte des menschlichen Lebens. Sie beschäftigt sich mit den Voraussetzungen einer positiven Entwicklung von Menschen. Etwas utilitaristisch (und gleichzeitig management-affin) ausgedrückt, geht es der Positiven Psychologie um das "individuelle Wohlbefinden als Basis guten menschliche Funktionierens". Natürlich widmet sie sich dabei vor allem dem Individuum, der einzelnen Persönlichkeit - aber zusehends auch der Rolle des Wohlbefindens von Mitarbeitern in Unternehmen.

Aus der Positiven Psychologie stammt zum Beispiel das sogenannte Job Characteristics Model (JCM), das bestimmt, welche Eigenschaften Arbeiten aufweisen muss, um intrinsisch motivierend zu sein:

  • Die Arbeit muss Selbstverantwortlichkeit fördern.
  • Die Arbeit muss durch ihre Vielfältigkeit und Bedeutung als wichtig und wesentlich empfunden werden.
  • Es muss ein Wissen um die Ergebnisse der Arbeit existieren.

Erfüllt das Arbeitsumfeld diese Bedingungen, trägt es zu Motivation, Arbeitszufriedenheit, hoher Arbeitsleistung und damit letztlich auch zum wirtschaftlichem Erfolg des Unternehmens bei.

Das schöne an den Attributen des JCM ist nun, dass sie mehr oder minder den Pfunden entsprechen, mit denen die Enterprise 2.0 Evangelisten wuchern. Die Enterprise 2.0, das Social Business und die sogenannte Leadership 2.0

  • setzen auf eine Vertrauenskultur, die dem Mitarbeiter Arbeit im selbstbestimmten Raum ermöglicht;
  • ermöglichen durchlässige Hierarchien und eine vertikale Vernetzung, deren vielfältige Anforderungen und kooperative Kreativität gemeinsame Sinnstiftung fördert;
  • fördern Transparenz, Offenheit und gemeinsames Lernen aus Erfolgen und aus Fehlern.

Alles zusammen mit einem klaren Ziel: wirtschaftlicher Erfolg durch zusätzliche ökonomische Wertschöpfung.

Als verkürzte Ableitung lässt sich also festhalten: Die Enterprise 2.0 propagiert ein ökonomisches Modell, dessen grundsätzliche Charakteristika und dessen wertschöpfender Anspruch von den Erkenntnissen der Positiven Psychologie gestützt wird. Das Ziel ist wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, der Weg ist das individuelle Wohlbefinden aller Beteiligten. Ein Win-Win-Geschäft, mit positivem Charakter sozusagen. Aus der Enterprise 2.0 könnte auch die "Positive Enterprise" werden.

Und das ist es wohl auch, warum ich bei meiner Suche nach meinem Banner letztlich beim Begriff "positiv" hängen geblieben bin. Denn wenn unsere Aufgabe als Kommunikations-Dienstleister ist, unsere Kunden bei der Entwicklung zur Enterprise 2.0 und all ihren positiven Attributen zu unterstützen, mit Beratung und aktiver Kommunikation, dann ist es nicht falsch zu sagen, dass wir "positive Kommunikationsarbeit" leisten. Wir unterstützen die Unternehmen und ihre Stakeholder (Mitarbeiter, Kunden, Stakeholder), indem wir sie nicht nur wie gehabt informieren und auf Linie bringen, sondern indem wir sie bei der Entfaltung Ihrer Potenziale beraten, befähigen und begleiten. In Anlehnung an die Positive Psychologie arbeiten wir sozusagen an der Entwicklung von "positive communication interventions to build thriving enterprises".

Wir sind keine Psychologen, um Himmels willen. Aber wir haben den gleichen "positiven" Anspruch wie die Enterprise 2.0 und die Positive Psychologie - und deshalb nenne ich unsere Arbeit deshalb ab jetzt

"Positive Kommunikation".

Mein Banner flattert!

Denn der Begriff passt hinten wie vorne. "Positiv" ist ein Attribut, das zugleich emotional und wirtschaftlich positiv belegt ist. Es ist nahezu überall anschlussfähig. Ein positives Gefühl und eine positive Bilanz schließen sich nicht nur aus - sie treten sogar recht häufig gemeinsam auf.

Die Charakteristika dieser "Positiven Kommunikation", wie ich sie verstehe, sind dabei eine Ableitung der oben skizzierten Konzepte und Ideen. "Positive Kommunikation" sollte

  • Vertrauen bei den Zielgruppen schaffen, um eine nachhaltige Unternehmensentwicklung zu gewährleisten;
  • Vernetzung von Stakeholdern fördern, für mehr Kreativität und Innovation im Tagesgeschäft;
  • Verständnis durch Dialoge gewährleisten, mit denen die Reputation des Unternehmens und seiner Marken optimiert wird.
Zur Realisierung der Ziele Positiver Kommunikation müssen wir deshalb
  • als Kommunikator moderne Instrumente und Inhalte für Corporate Publishing, Reporting und Content Marketing entwickeln;
  • als Katalysator Strategien und Maßnahmen für die Implementierung von Social Software für unternehmensübergreifende Kollaboration entwerfen;
  • und als Moderator Social Media Strategien und Pilotprojekte als Basis für ein erfolgreiches Social Business anstoßen.

Das ist ein straffes Programm, da bleibt sicher noch viel zu tun. Aber ich tu's gerne, denn ich habe einen roten Faden, dem ich folgen kann.

Und wenn der eine oder andere bei uns oder unseren Kunden auch noch glücklich wird, soll mir das nur recht sein.

Ich bin's jedenfalls.