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Die fundamentale Wahrheit der Seite drei

Dietrich Creutzburg fragt heute im Handelsblatt:

"Ist das noch ein Gespenst oder schon die greifbare Gestalt einer neuen Wirtschaftsordnung? Banker und Manager stehen nach dem Ausbruch der globalen Krise vorerst als „Versager“ in der Ecke und dürfen zusehen, wie sich der Staat ihrer Geschicke bemächtigt –als Regulierer, Finanzierer oder, falls politisch opportun, als Unternehmer. Damit nicht genug: Bevor sich die Eigentümer des aktuell stark abgewerteten Kapitals besinnen können, sind mit dem Staat gleich auch noch die Gewerkschaften durch die Türen der Managementetagen geschlüpft."
Und gibt nach einem kurzen Ausflug über die seiner Meinung nach korporatistischen Ansätze bei Opel und Schäffler auch gleich die Antwort:
"Gespenstisch ist die Entwicklung, weil sich für die Zeit nach der akuten Krise kein Ausstiegsszenario abzeichnet ... ."
Sprachlich bemerkenswert ist hier die begriffliche Nähe zum Thema "Atomausstieg". Inhaltlich die damit impliziert formulierte Gefahr einer nachhaltig schädlichen Strahlkraft partizipativer Elemente, denen Creutzer wohl eine allzu lange Halbwertzeit zutraut.
Das in der Tat problematische Thema Verstaatlichung einmal außen vor gelassen, erstaunt es mich immer wieder, wie groß bei den Gatekeepern unseres Wirtschaftssystems die Angst vor dem Stakeholder ist - auch 25 Jahre nach Freeman, 10 Jahre nach dem Cluetrain Manifest und 5 Jahre nach der Erfindung des Web 2.0.
Denn selbst wenn man ideologische Scheuklappen als unumgänglich und diskussionsfördernd akzeptiert, muss einem doch der gesunde Menschenverstand und vielleicht sogar der Anstand sagen, dass Teilhaber, von denen Unterstützung in Krisenzeiten erwartet wird, nach erfolgter Sanierung nicht einfach entsorgt werden können (um innerhalb der Creutzburgschen Metapher zu bleiben).
Die Krise zeigt an mehr als einem Beispiel deutlich, dass Stakeholderorientierung und Teilhabe wirkliche Assets sind, die nicht nur als Formalie auf Seite drei des Shareholder Letters im Geschäftsbericht ("Ganz besonders danke ich unseren Mitarbeitern ...") abgehandelt werden sollten. Am Ende dieser Krise wird mehr als ein CEO Grund genug haben, diese klassischen Schlusssatz an den Anfang seines Briefes zu stellen.
Ob das dann eine nachhaltige "Lesson learned" wird, bleibt abzuwarten. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass Stakeholder Value den Shareholder Value Begriff auf die Dauer ablösen muss und wird. Dies gebetsmühlenartig mit dem rückwärtsgewandten Begriff des "Rheinischen Kapitalismus" zu assoziieren ist mehr als unangemessen - es ist kurzsichtig.