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Porsches Parental Advisory: Kindersicherung für's Social Web (Oder: James-Bond-Kommunikation in Zuffenhausen)

Geschrieben von Carsten Rossi | 11.10.2010 11:10:00

Wie man einigen aktuellen Meldungen entnehmen kann - z.B. der WiWo und der Chip - sperrt Porsche nun also den Zugang zu XING und Facebook für alle Mitarbeiter.

Um es gleich vorweg zu sagen: Das zu tun, halte ich prinzipiell weder für eine eklatante Menschenrechtsverletzung noch für einen Schlag gegen die Meinungsfreiheit. Allein die Art der Anmoderation missfällt mir.

Ich kann es verstehen verstehen, wenn ein Unternehmen Zeitverschwendung beklagt oder Angst vor Personalberatern hat. Porsche wird nicht das erste und nicht das letzte Unternehmen sein, dass den Zugang zu Sozialen Medien erschwert, wenn es in ihrer Nutzung keinen Mehrwert für die Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter sieht. Ein gewisses Hausrecht darf man für meinen Geschmack durchaus wahrnehmen, wenn man damit etwas zu erreichen können glaubt. Dies aber unter dem Vorwand der Verhinderung von Wirtschaftsspionage zu kommunizieren scheint mir weder ganz aufrichtig noch wirklich zielführend oder auch nur angemessen.

Ist es denn wirklich zu erwarten, dass ausländische Geheimdienste keine intelligenteren Strategien für ihre Wirtschaftsspionage haben, als sich nach Art von Stalkern oder Kinderschändern über Facebook-Accounts an ihre Opfer heranzumachen? Und kann man wirklich erwarten, dass Sie dies nur während der offiziellen Arbeitszeit tun? Und für wie unmündig muss ich meine Mitarbeiter halten, wenn ich Ihnen nach Art einer Parental Advisory oder eines Kinderschutzfilters im Browser aus diesen Gründen den Zugang vom Büro aus verbiete? Wohl wissend, dass Sie sich nach Feierabend damit auseinandersetzen werden, auch nicht anders als die Söhne und Töchter meiner Generation, die sich verbotene Seiten dann eben bei Ihren Freunden ansehen?

Geheimhaltung beginnt definitiv innen. Entweder durch wirkliche Geheimhaltung in kleinen internen Zirkeln oder durch die Sensibilisierung mündiger Mitarbeiter für Gefahren, wenn sie dort draußen wirklich lauern sollten. Die Praxis von Porsche hingegen wirkt nicht nur etwas peinlich sondern wahrscheinlich auch gar nicht.

Wenn es also keine stichhaltigen rechtlichen oder Compliance-Gründe für dieses Tun geben sollte, war diese Ation kein wirklich reputationsfördernder Coup.

Aber bis mir jemand das Gegenteil beweist glaube ich ohnehin, dass es nur der hofnungslos überdramatisierte Versuch ist, das lästige Surfen von Mitarbeitern zu unterbinden, vielleicht um wertvolle Arbeitsstunden zu sichern oder um etwaige Abwerbeversuche von Personalberatern - gerade auf XING keine ungewöhnliche Praxis - zu unterbinden. Hier war anscheinen James Bond Kommunikationsberater.

Und ob der erhoffte Gewinn an Produktivität und passiver Mitarbeiterbindung den Verlust von Ansehen und Markenbotschaftern wirklich aufwiegt, das muss man sich bei Porsche selber ausrechnen.